Whisky.de Blog

Was halte ich von der hier angesprochenen Vereinigung für einen fairen Milchpreis?

Ich halte es erst einmal für gut, dass sich Bauern aus der Gleichmacherei der Genossenschaften befreien und selbst etwas unternehmen. Der Bauer muss weg vom Subventionsempfänger und hin zu einem gleichwertigen Partner in unserer Lebensmittelversorgung werden. Eigeninitiative ist der beste Weg zu mehr Wohlstand. So wie der Milchbauer aus meinem Beitrag von gestern seinen eigenen Vertrag für Premium-Milch mit einem der Großen der Branche geschlossen hat, so hat ein schwäbischer Obstbauer einen direkten Vertrag zur Belieferung einer Fluglinie geschlossen. Die Beispiele dieser Kreativität sind mannigfaltig.

Kann diese teurere, faire Milch funktionieren? An dieser Stelle habe ich meine Zweifel. Unsere ehemalige bayerische Staatsmolkerei Weihenstefan (jetzt Müller Milch) macht es vor. Sie schafft es eine Premiummilch in der Glasflasche zum doppelten und dreifachen Preis der Discountware zu verkaufen. Das ähnelt ein wenig unserem Whisky. Dort schaffen es die Malt Whisky Hersteller ebenfalls, Whisky aus Getreide zum vielfachen Preis an die Kundschaft zu bringen. Was macht deren Erfolg aus

Es sind drei wichtige Dinge.

1. Der Whisky muss besser oder zumindest anders und unterscheidbar schmecken.

2. Der Whisky muss eine authentische Geschichte erzählen können. Z.B. handgemacht, jahrzehntelang gelagert, usw. Sie kennen das alles.

3. Und am Ende muss man das dem Whisky auch ansehen können. Sonst zahlen die Leute nicht. Also Umverpackung, Korken statt Schraubverschluss, andere Verkaufsstellen

Jetzt blicken wir auf die Premiummilch von Weihenstephan und wie man die verkauft. 1. Die Milch schmeckt tatsächlich anders. Sie ist sämiger und irgendwie 'voller'. 2. Die authentische Geschichte ist auch klar. Edelmolkerei, Jahrhunderte alte Tradition, naturbelassen im Fettgehalt. Beste Bauern – wir kennen jetzt ja so einen spezifizierten und kontrollierten aus dem vorigen Beitrag.

Der Punkt 3 der Vermarktungsstrategie ist der schwierigste. Denn im Handel herrscht ein Oligopol aus weniger als 10 Handelsketten, das die Preise vorgibt. Die Marke muss also außerhalb des Handels dermaßen stark gemacht werden, dass die Kunden sie auch wirklich kaufen. Beim Whisky gehöre ich mit zu diesen Trommlern, die ihnen hier regelmäßig darüber berichten.

Doch bei der Milch? Gibt es eigentlich ein großes Milchforum? Ich kann es nicht wirklich glauben. Denn Milch gehört zu den Grundnahrungsmitteln und ich habe noch nie gehört, dass jemand regelmäßig Milchtastings anbietet. Um Punkt 3 zu erfüllen, muss man also eine Glasfalsche (am besten dunkel) mit einem Schraubverschluss verwenden und diese muss natürlich Mehrweg sein.

Wenn ich mir den Ansatz mit der fairen Milch betrachte, dann muss sich diese Milch zwischen die Billigmilch vom Discounter und der Edelmilch in der Mehrwegglasflasche im Markt platzieren. Wenn diese Milch lediglich den authentischen Gedanken des fairen Preises zur Vermarktung nutzt und keine optische und geschmackliche Unterscheidbarkeit bietet, dann sehe ich für diese Initiative keine große Zukunft. Auch darf diskutiert werden, ob in der sogenannten 'Toten Mitte', also zwischen Discount und Edel, überhaupt in der heutigen Zeit Luft für weitere Produkte ist. Wir sehen das ja weitflächig in unserer Gesellschaft. Das Sterben der Einzelhändler in das Indiz dafür.

Am Ende spiegelt diese Aktion die Zerrissenheit der Bauern wieder. Nicht nur gibt es mittlerweile zwei Verbände, in denen sich die Milchbauern engagieren können. Der revolutionäre Umbruch in unserer Gesellschaft weg vom Bauern und hin zu einer nicht agrarzentrierten Gesellschaft ist voll am Laufen. Noch eine Generation des 'Höfesterbens' und die Milch ist getrunken. Noch gibt es bei uns im Landkreis im Mittel 'nur' 34 Milchkühe pro Betrieb. Tendenz steigend mit 1 Kuh pro Jahr. Diese Steigerungsrate wird mit Sicherheit zunehmen, auch wenn jetzt aktuell Bürger bei uns im Landkreis die Errichtung eines 350er Kuhstalls zu verhindern suchen.